Reisende vertrauen gerne auf Bewertungen im Internet. Doch einige Gäste nutzen die Abhängigkeit der Hotels für dreiste Erpressungsversuche.
Worauf achten Reisende bei der Auswahl von Hotels für ihre nächste Reise? Ganz klar: Vor allem die Bewertung durch andere Reisende spielt eine große Rolle und kann letztlich den Ausschlag geben. Das bestätigt eine kürzlich durchgeführte Umfrage im Auftrag von Tripadvisor unter 23.000 Personen aus 12 Regionen: 72 Prozent nutzen Bewertungen insgesamt als Grundlage für ihre Auswahl auf Reisen, bei den Hotels sind es sogar 81 Prozent. Dabei gilt: Je aktueller, desto besser.
Abhängig von Bewertungen
Das bedeutet: Hotels sind heute abhängig von guten Bewertungen – und leider nutzen einige wenige Reisende das auf unverschämte Art und Weise aus. Immer wieder berichten Hoteliers von Gästen, die mit negativen Bewertungen drohen, wenn sie bestimmte Leistungen nicht erhalten. Das reicht vom Upgrade in eine bessere Zimmerkategorie über kostenloses Frühstück oder Spa-Behandlungen bis zu Preisnachlässen. Vor kurzem berichteten österreichische und deutsche Medien über ein Ehepaar aus Deutschland, das von einem Hotel in Zell/See einen Abschlag verlangte, weil vor ihrem Zimmer Vögel zu hören waren. Das Vogelgezwitscher sei sehr störend gewesen, die beiden verlangten angeblich Geld zurück, sonst würden sie negative Kommentare posten. Und ein Hotel in Parndorf (Burgenland) sah sich mit der Drohung eines ehemaligen Gastes konfrontiert, er würde negative Kommentare online stellen – außer man sendet ihm 6 Flaschen eines guten Weins.
Bewertungen beschäftigen Hotels
Wahrlich keine Einzelfälle: Im Gespräch mit Reisekompass berichten Hotels aus Wien und Niederösterreich, das sie schon des Öfteren mit solchen Gästen zu tun hatten.
„Es betrifft längst alle Hotels, auch wenn das Phänomen insgesamt noch überschaubar ist“, sagt Walter Veit, Chef des Hotels Enzian in Obertauern und Vizepräsident der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV). Die Auswirkungen können gravierend sein, schon eine einzige schlechte Bewertung kann ein Hotel im Ranking zurückwerfen. „Das kriegst du auch nicht mehr so einfach weg“, konstatiert Veit.
Nicht nur für die Gastbetriebe selbst sind solche Erpressungsversuche schädlich, auch die übrigen Gäste werden dadurch in die Irre geleitet. Wenn nämlich Bewertungen nur deshalb negativ sind, weil dubiose Forderungen nicht erfüllt wurden, wird das das ganze System ad absurdum geführt. Was können die Hotels dagegen tun? ÖHV-Sprecher Martin Stanits empfiehlt Hotels, auf solche Drohungen gar nicht erst einzugehen. „Die Vorgangsweise ist von Hotel zu Hotel unterschiedlich.“ Teilweise wird sofort Anzeige erstattet, oft werden die Drohungen der unverschämten Gäste mit Screenshots dokumentiert. Dem Erpresser gegenüber kann dann festgehalten, dass das Portal verständigt ist und die Drohung ins Leere läuft. „Die meisten Hotels gehen damit mittlerweile sehr professionell um“, erläutert Stanits. Das Thema wird unter anderem im Lehrgang „Online Marketing“ des ÖHV behandelt (der nächste startet im April 2020). „Gar nicht darauf eingehen“, empfiehlt auch Walter Veit. Gehe es nur um Kleinigkeiten, könnten diese ohnehin mit dem Gast besprochen werden. Und prinzipiell haben die Betriebe ja die Möglichkeit, auf Kommentare zu antworten.
Konkurrenz schreibt mit
Schwieriger ist es da schon, offensichtlich falsche Bewertungen löschen zu lassen – die könnten ja theoretisch von der Konkurrenz stammen, die sich damit einen Vorsprung sicher möchte. Die Buchungsplattformen reagieren zwar prinzipiell, aber nicht immer und meistens recht spät – da könnte der Schaden längst irreparabel sein.
Abgesehen von solchen Erpressungsversuchen müssen Hotels auch sonst einiges unternehmen, um in Bewertungen gut abzuschneiden. „Der normal zufriedene Gast bewertet das Hotel ja eigentlich nicht“, meint Veit. Viele Betriebe kümmern sich daher aktiv um diese Art des Marketings und fordern ihre Gäste auf, auf Plattformen wie booking.com, Tripadvisor oder Google ihre Meinung zu posten.
Was können Reisende tun?
Während also die Bewertungsplattformen eine gute Sache sind und in den meisten Fällen die Meinung der Masse auch aussagekräftig ist, können dubiose Einzelfälle zu einer Verzerrung führen. Wie Reisende bei Bewertungen auf Nummer sicher gehen, lest ihr in diesem Artikel.