Im Mittelmeer gibt es rund 47 Haiarten – doch die Gefahren für Menschen sind ausgesprochen gering. Hingegen sind die Tiere selbst massiv bedroht.
Das Mittelmeer ist ein beliebtes Reiseziel für einen Bade- und Tauchurlaub. Doch die Vorstellung, auf einen Hai zu treffen, löst bei vielen Reisenden Unbehagen aus. Tatsächlich beherbergt das Mittelmeer an die 47 Haiarten. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit einer Begegnung äußerst gering und es kommt so gut wie nie zu Attacken oder gar Todesfällen. Eher müssen sich Haie vor Menschen fürchten: Entgegen weit verbreiteter Ängste spielen diese Tiere nämlich eine wichtige Rolle im Ökosystem des Mittelmeers und sind selbst zunehmend bedroht.
Artenvielfalt der Haie im Mittelmeer
Das Mittelmeer ist Heimat für insgesamt 47 Haiarten, die Teil einer größeren Gruppe von über 80 Knorpelfischarten sind. Diese Artenvielfalt macht das Mittelmeer zu einem Hotspot für Knorpelfische. Zu den bekanntesten Haiarten im Mittelmeer gehören der Weiße Hai, Blauhai, Hammerhai, Makohai, Katzenhai, Tigerhai und Sandtigerhai (dazu unten mehr).
Wo im Mittelmeer gibt es Haie?
Haie sind ganzjährig im Mittelmeer anzutreffen, wobei einige Arten bestimmte Gebiete für die Fortpflanzung bevorzugen. Der Weiße Hai beispielsweise nutzt vermutlich die Meerenge von Sizilien, die Adria und das Ägäische Meer als Kinderstube. Blauhaie, die am weitesten verbreitete Haiart im Mittelmeer, halten sich bevorzugt in küstenfernen Gebieten auf. In jüngster Zeit wurden auch vermehrt Riesenhaie an der spanischen Mittelmeerküste gesichtet.
Gefährdung der Haie im Mittelmeer
Trotz ihrer Bedeutung für das marine Ökosystem sind viele Haiarten im Mittelmeer stark gefährdet. Mehr als die Hälfte der bewerteten Knorpelfischarten im Mittelmeer gelten als bedroht, wobei 20 Arten sogar akut vom Aussterben bedroht sind. Die Haipopulationen im Mittelmeer sind in den letzten Jahrzehnten drastisch zurückgegangen – um bis zu 99 Prozent in einigen Regionen. Hauptursachen sind Überfischung, Beifang und die Verschmutzung der Meere. Auch das schlechte Image, das Haie durch Filme wie „Der Weiße Hai“ erhalten haben, erschwert ihren Schutz. Die Tiere spielen jedoch eine entscheidende Rolle im ökologischen Gleichgewicht des Mittelmeeres, indem sie die Populationen anderer Meerestiere regulieren. Apropos Weißer Hai: Besonders dramatisch ist die Situation für diese Art. Laut der International Union for Conservation of Nature (IUCN) ist der Bestand in manchen Regionen des Mittelmeers um 52 bis 96 Prozent zurückgegangen.
Wie reagiere ich bei einer Begegnung mit einem Hai?
Trotz gelegentlicher alarmierender Medienberichte ist die Wahrscheinlichkeit, im Mittelmeer von einem Hai angegriffen zu werden, äußerst gering. In den vergangenen 117 Jahren gab es insgesamt 118 Haiangriffe im Mittelmeer, von denen nur 16 tödlich verliefen. Forscherinnen und Forscher des Projekts White Shark Chase betonen, dass die Chance, im Mittelmeer einem Weißen Hai zu begegnen, wirklich sehr niedrig sei. Aber was kann ich tun, wenn ich dennoch einem Hai begegne?
- Haie greifen bevorzugt einzelne Schwimmerinnen bzw. Schwimmer an. Daher ist es ratsam, stets in der Nähe von anderen Personen zu bleiben.
- Falls es zu einer Begegnung mit einem Hai kommt, gilt es, Ruhe zu bewahren (okay, das ist leichter gesagt als getan). Bei einer Begegnung sollte man den Hai stets im Blick behalten und ihm nicht den Rücken zukehren. Haie sind vorsichtige Jäger und könnten bei direktem Blickkontakt weniger wahrscheinlich angreifen. Ruckartige Bewegungen vermeiden!
- Schwimmen in trübem Wasser oder mit glänzenden Schmuckstücken sollte vermieden werden.
- Haie haben einen äußerst ausgeprägten Geruchssinn und können selbst kleinste Mengen Blut über große Distanzen wahrnehmen. Personen mit offenen Wunden oder blutenden Verletzungen sollten daher nicht ins Wasser gehen.
- Viele Haiarten sind während der Dämmerung und in der Nacht besonders aktiv. Zu diesen Zeiten sollte man das Schwimmen, Tauchen oder Surfen möglichst vermeiden.
- Die meisten Haie sind neugierig, aber nicht aggressiv, solange sie sich nicht bedroht fühlen.
- Sollte ein Hai dennoch aggressiv werden, kann man versuchen, ihn mit Gegenständen wie einer Kamera, einem Surfbrett oder der Tauchausrüstung abzuwehren. Ziel sollte es sein, empfindliche Bereiche wie die Schnauze, die Augen oder die Kiemen zu treffen.
Haie im Mittelmeer: Schutzmaßnahmen und Forschung
Um die bedrohten Haiarten im Mittelmeer zu schützen, wurden verschiedene Initiativen gestartet. Im Rahmen der Barcelona-Konvention wurde eine Einigung zum besseren Schutz von sechs gefährdeten Hai- und Rochenarten im Mittelmeer erzielt. Zudem wurden 65 besonders wichtige Gebiete für Haie und Rochen identifiziert, darunter der türkische Golf von Edremit und ein Gebiet um die kroatische Insel Molat.
Forschungsprojekte wie White Shark Chase arbeiten daran, mehr über die Populationsgröße, Verteilungsmuster und Lebensräume der Weißen Haie im Mittelmeer zu erfahren. Die Forscherinnen und Forscher haben mittlerweile die Straße von Sizilien als Hotspot für Weiße Haie im Mittelmeer ausgemacht und dort vor allem vor der Küste Tunesiens ein systematisches Vorkommen der Tiere bestätigen können. Die Erforschung dieser faszinierenden Haiart gestaltet sich aber besonders schwierig. Als das Projekt begann, war kaum etwas über die beliebtesten Aufenthaltsorte der Haie oder über ihre Verhaltensmuster bekannt. Das Team nutzt nun eine umfassende Analyse von Umwelt-DNA, vorangegangenen Hai-Sichtungen und -Fängen im Mittelmeer, Karten der Unterwasserlandschaft und Daten von Hai-Verhalten in anderen Weltmeeren, um mehr über diese faszinierenden Tiere zu erfahren. Forscherinnen und Forscher planen, Methoden und Modelle zu entwickeln, die ihre Chancen erhöhen, einem Weißen Hai zu begegnen. Ziel ist es, einzelne Haie mit einem Sender zu versehen, um Daten über ihr Verhalten und weitere bevorzugte Aufenthaltsorte zu sammeln. Diese Forschung ist entscheidend für den Schutz der Weißen Haie im Mittelmeer, deren Überleben ohne menschliche Hilfe mehr als ungewiss ist.
Fest steht: Die Haie im Mittelmeer sind faszinierende und wichtige Bewohner dieses einzigartigen Ökosystems. Obwohl sie oft als Bedrohung wahrgenommen werden, sind sie in Wirklichkeit selbst stark gefährdet. Ihre Erhaltung ist nicht nur für das ökologische Gleichgewicht des Mittelmeers von Bedeutung, sondern auch für zukünftige Generationen, die diese majestätischen Tiere erleben und erforschen möchten.
Haie im Mittelmeer: das sind die bekanntesten Arten
Blauhai: Der Blauhai ist durch seine hellblaue Färbung und den schlanken Körper leicht zu erkennen und bevorzugt die offene See, wo er bis zu 350 Meter tief tauchen kann.
Weißer Hai: Der Weiße Hai, der größte Raubfisch der Welt, kann bis zu sieben Meter lang werden und hat im Laufe seines Lebens bis zu 20.000 Zähne, die er nicht nur zum Beißen, sondern auch wie Hände einsetzt.
Hammerhai: Hammerhaie sind für ihren charakteristischen hammerförmigen Kopf bekannt, der ihnen eine perfekte 360-Grad-Sicht und Tiefenwahrnehmung ermöglicht.
Katzenhai: Katzenhaie sind relativ kleine und schlanke Haie, die sich gerne in Küstennähe aufhalten und ihren Namen ihrer niedlichen Augenpartie verdanken.
Tigerhai: Tigerhaie spielen eine wichtige Rolle im Ökosystem des Mittelmeers, indem sie den Bestand von Schildkröten kontrollieren und so das empfindliche Gleichgewicht der Seegraswiesen schützen.
Sandtigerhai: Trotz ihres bedrohlichen Aussehens mit langen, nach außen gerichteten Zähnen sind Sandtigerhaie für Menschen relativ harmlos und halten sich tagsüber gerne in kleinen Unterwasserhöhlen auf.
Foto oben: Alexandre Boucey via Unsplash